„French Revolution – The Endgame“ – Netflix-Serie als historische Narration im Geschichtsunterricht

„French Revolution – The Endgame“ – Netflix-Serie als historische Narration im Geschichtsunterricht

„Babylon Berlin“, „Die Borgias“ oder „Vikings“: Geschichte ist im Serienkosmos nicht mehr wegzudenken. Historienserien sind ein wesentlicher Bestandteil zeitgenössischer Geschichtskultur. Warum sich diesen Umstand nicht im Geschichtsunterricht zu Nutze machen? – Ein Praxisbericht.

Die Methode bzw. die Idee hierfür habe ich mir nicht selbst ausgedacht, sondern ich bin auf dem sehr empfehlenswerten Instagram-Channel @kms-b darauf gestoßen und habe anhand der zur Verfügung gestellten Materialien die Methode für meinen Grundkurs in der EF adaptiert. Im Folgenden möchte ich mein Unterrichtskonzept kurz vorstellen. Am Ende des Textes findet ihr eine alle verwendeten Materialien und Links.  

Die Methode

Bei der Methode geht es darum, dass die Lernenden eine fiktive historische Serie entwickeln, die auf historischen Entwicklungen und Quellen fußt. Man könnte sagen, dass diese Methode eine Weiterentwicklung der „Geschichtszeitung“[1] ist. Für ihre Serien müssen sie nicht nur einen kurzen Teaser verfassen, sondern auch einzelne Folgen der Serie – analog zum historischen Narrativ – erstellen. Die Folgen und der Teaser sollen mit passenden Bildquellen bebildert werden. Wichtig ist, dass sie keine fiktiven Elemente in ihre Serie einbauen dürfen. Zum Schluss halten sie im „Credit“ ihre Quellen fest.

Um die Serien zu erstellen, arbeiten die Schüler*innen in Gruppen an Google-Slide-Templates, die ich ihnen über meinen Google-Account zur Verfügung gestellt habe. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Lernenden kollaborativ zu arbeiten und mir zu jeder Zeit den Fortschritt der Gruppen im Auge zu haben.

Der Verortung in der Unterrichtsreihe und Zielsetzungen

In der Reihe „Menschenrechte in historischer Perspektive“ (KLP Geschichte NRW S II)  soll u.a. am Beispiel der französischen Revolution nachvollzogen werden, wie Menschenrechte u.a. durchgesetzt wurden. Im Rahmen der Unterrichtsreihe werden auch die einzelnen Phasen der Französischen Revolution behandelt. Darüber hinaus bahnt diese Methode Kompetenzen des Medienkompetenzrahmens NRW an. Hieraus ergeben sich für diese Unterrichtseinheit folgende Ziele:

Die Schüler*innen …

  • erläutern historische Ereignisse, Personen, Prozesse, Strukturen und Epochenmerkmale unter sachgerechter Verwendung ausgewählter historischer Fachbegriffe (SK2),
  • beschreiben das Denken und Handeln historischer Akteurinnen und Akteure in ihrer jeweils durch zeitgenössische Rahmenbedingungen geprägten Eigenart (SK4),
  • entwerfen, ggf. in kritischer Distanz, eigene Beiträge zu ausgewählten Formen der öffentlichen Geschichts- und Erinnerungskultur (HK5),
  • gestalten zielgerichtet Kommunikations- und Kooperationsprozesse mit digitalen Werkzeugen sowie mediale Produkte und teilen Informationen
  • planen, gestalten und präsentieren Medienprodukte adressatengerecht

Die Arbeitsaufträge

Die Schüler*innen erhielten folgende Arbeitsaufträge:

„Bei Netflix werden häufig auch historische Ereignisse und Epochen als Serie umgesetzt und verarbeitet. Auch wenn wir in der Schule mangels Budget und Zeit nicht die Möglichkeit haben eine historische Serie zu produzieren, sollt ihr euch überlegen, wie man die verschiedenen Phasen der französischen Revolution als Serie umsetzten könnte!

Hierfür müsst ihr euch im ersten Schritt eure Phase inhaltlich erarbeiten: Was passierte? Warum passierte es und vor allem: Wie wirkte sich die Entscheidungen, Wandlungsprozesse und Ereignisse auf die französische Gesellschaft aus?

Die Arbeitsaufträge:
Erstellt zu eurer Phase der franz. Revolution eine fiktive Netflixserie, die die Entwicklungen und Ergebnisse verdeutlichen. Jede „Folge“ soll wie folgt aufgebaut sein:
a) Eine passende (Bild-)Quelle als „Vorschaubild“
b) Verfasst einen kurzen Text, der verdeutlich, worum es in der Folge geht.
c) Findet einen geeigneten Titel für eure Serie.
Wichtig ist, dass eine Person, die sich nicht mit der französischen Revolution auskennt, anhand eurer Serie die zentralen Ereignisse und Entwicklungen eurer Phase nachvollziehen kann. Nutzt für die abschließende Präsentation und Ergebnissicherung die vorbereiteten Templates.

Herr Meier

Die Gruppen hatten für die Erarbeitung 3-Unterrichtsstunden (60 Minuten) Zeit. Neben den Verfassertexten im Schulbuch (Horizonte NRW) konnten die Schüler*innen zusätzlich Medien wie Mr. Wissen2Go oder Planet-Wissen nutzen. Außerdem stand ihnen ein Erwartungshorizont zur Verfügung. Hier habe ich wieder auf das eingangs genannte Material zurückgegriffen.

Die Ergebnisse

Insgesamt bin ich mit den Ergebnisse sehr zufrieden: Die Schüler*innen haben sich sehr intensiv mit ihrer Phase der Revolution auseinandergesetzt. Sie haben nicht nur Aspekte herausgearbeitet, sondern haben eigene Erzählungen konstruiert – mehr geht im Geschichtsunterricht fast schon nicht mehr. Denn ein Ziel des Geschichtsunterrichts ist, dass Lernende eigene Erzählungen kompetent produzieren.[2] Dafür eignet sich diese Methode hervorragend.  Allerdings waren auch einige Schwächen zu beobachten, die aber vor allem auf das Design der Arbeitsaufträge zurückzuführen ist.

Es fällt auf, dass sie z.T. zentrale Aspekte und Akteure nicht eingearbeitet wurden (so wurde z.B. Robespierre unterschlagen) und auch eine engere Einordnung in die Französische Revolution blieb bei allen Gruppen aus.

Deshalb werde ich zukünftig den Schüler*innen zentrale Begriffe/Akteur*innen als Scaffolding vorgeben. Auch wenn die historische Kontextualisierung natürlich im Laufe der Unterrichtsreihe stattgefunden hat, die Schüler*innen also prinzipiell in Raum und Zeit orientiert sein sollten, ist es aus meiner Sicht sehr sinnvoll von den Schüler*innen eine kurze historische Einordnung zu verlangen – etwa als kurzes Prequel nach der Vorstellung der erdachten Serie. Dann werden die Ergebnisse sicher noch hochwertiger, aus geschichtsdidaktischer Perspektive stimmiger und für die Lerngruppe insgesamt nachhaltiger.

Ich werde diese Methode auf jeden Fall nochmals einsetzen, denn mit relativ geringem Vorbereitungsaufwand können die Lernenden hochwertige und nachhaltige Ergebnisse produzieren, die zu einem vertieften Verständnis des behandelten Gegenstands führen und verdeutlichen, dass Geschichte eben immer konstruiert ist.

http://edtechpicks.org/2019/11/netflix-template/

https://kms-b.de/2022/01/28/netflix-serie-als-alternatives-prufungsformat/


[1] Sauer, Michael, Geschichte unterrichten, Seelze 122015, 304f.

[2] Vgl. Barricelli, Michele, Narrativität, in: Wörterbuch der Geschichtsdidaktik, Frankfurt a. M. 2022, 173.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert